Kurzer ortsgeschichtlicher Überblick
Zahlreiche Bodenfunde aus der jüngeren Steinzeit, der Hallstattzeit und der La-Téne-Zeit beweisen, dass unsere Markung schon seit etwa 5000 Jahren (mit Unterbrechungen) besiedelt wird. Urkundlich wird Ingelfingen erstmals im Jahr 1080 n. Chr. in einer Urkunde des Klosters Comburg bei Schwäbisch Hall genannt. Die 2. Nennung erfolgt im Jahre 1248, als Papst Innozenz IV das Kloster Comburg in seinen Schutz nimmt und dabei außer Besitzungen in Stein und Künzelsau auch die Concier, den Klosterhof und Weinberge in Ingelfingen aufzählt. Um 1250 erbaut Kraft v. Boxberg die uns als Ruine erhaltene Burg Lichteneck, die vermutlich Mitte des 15. Jahrhunderts durch Blitzschlag zerstört wurde.
1302 wird Ingelfingen als Oppidum genannt, also als befestigter Ort. Damit dürften auch die Rechte als Stadt verbunden gewesen sein. 1323 erhielt Ingelfingen von Kaiser Ludwig das Marktrecht.Im 30-jährigen Krieg litt die Stadt furchtbar unter Seuchen- und Truppendurchzügen.
Trotz Förderung der Grafen v. Hohenlohe wollte es dennoch zu keiner rechten Blüte kommen. 1701 zog Graf Christian Kraft v. Hohenlohe in Ingelfingen auf und baute das Neue Schloss. Ingelfingen wurde Residenz; damit trat eine positive Entwicklung in Ingelfingen ein.
1764 wurde Graf Heinrich August von Ingelfingen in den Reichsfürstenstand erhoben. Sein Sohn Friedrich Ludwig, der letzte hier residierende Fürst, baute in den Jahren 1782 bis 1806 die Mariannenvorstadt als eine frühe Handwerkersiedlung aus. Er unterlag als preußischer Feldherr Napoleon in der Schlacht bei Jena und Auerstedt am 14.10.1806.
Zahlreiche Spuren
1805 ging im Rahmen der Erbfolge das Haus Hohenlohe-Öhringen an das Haus Hohenlohe-Ingelfingen. Der Sitz des Ingelfinger Fürstenhauses wurde in Folge nach Öhringen verlegt. Mit dem Verlust der Residenz und dem Abzug von Ämtern und Bediensteten trat wiederum eine rückläufige Entwicklung in Ingelfingen ein.
Viele Einwohner wanderten aus, hauptsächlich nach Nordamerika, England und Irland. Weitere suchten ein besseres Fortkommen in den aufwärts strebenden Großstädten.
Das 1962 von der Stadt erworbene Neue Schloß wurde zwischen 1984 und 1988 renoviert, es dient seither als Rathaus. Zwischen 1998 und 2001 wurde die Sanierung und Renovierung des "Schwarzen Hofes" durchgeführt, einem kulturhistorisch bedeutenden Stadtadelshaus der Renaissance. 1892 wurde die Weingärtnergenossenschaft Ingelfingen gegründet, um damit dem Weinbau eine bessere Existenzgrundlage zu sichern. 1965 wurden die beiden bis dato selbständigen Weingärtnergenossenschaften Ingelfingen und Criesbach zur Kochertalkellerei Ingelfingen verschmolzen, die sich 1976 mit dem Anschluss der Weingärtnergenossenschaft Belsenberg und im Jahre 2000 mit der Weingärtnergenossenschaft Forchtenberg nochmals erweiterte. Sitz der Genossenschaft ist Ingelfingen. Ein modernes Wahrzeichen in den Weinbergen zwischen Ingelfingen und Criesbach ist zwischenzeitlich das "Ingelfinger Fass" des Unternehmers Fritz Müller (Gemü) geworden, in dem u.a. ein Weinbaumuseum eingerichtet ist.
In der Zeit von 1857 bis 1877 wurde bei der Suche nach Steinkohle Salzwasser gefunden. Dieses seit 1911 genutzte wertvolle Heilwasser für Trink- und Badekuren, das den Wässern von Bad Mergentheim entspricht, ist heute noch nutzbar. Allerdings erfüllten sich die Hoffnungen für einen Ausbau zur echten Kur- und Badestadt nicht.
Dennoch ist heute Ingelfingen ein attraktiver Wohnort mit einer ausgeprägten Infrastruktur und gesunden, umweltfreundlichen mittelständischen Gewerbebetrieben.
Wachsende Einwohnerzahlen
Die Stadt ist geprägt durch den umliegenden Weinbau und das spätmittelalterliche Stadtbild. Die seit 1980 betriebene und als besonders vorbildlich und zukunftsfähig bezeichnete Stadterneuerung wurde 2005 durch das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg mit einem Sonderpreis ausgezeichnet. Ingelfingen erhielt 1993 die staatliche Anerkennung als Erholungsort.
In den Ortschaften hat die Landwirtschaft nach wie vor gewisse Bedeutung.
Nach dem 2. Weltkrieg setzte, hauptsächlich durch Heimatvertriebene, eine starke Bevölkerungszunahme ein. Diese Entwicklung setzte sich durch die Gemeindereform nochmals sprunghaft fort, als auf 1.1.1972 die 5 Nachbargemeinden Criesbach, Diebach, Dörrenzimmern mit Stachenhausen, Hermuthausen und Weldingsfelden mit Eschenhof und auf 1.9.1973 Eberstal, jeweils auf freiwilliger Basis, in die Stadt Ingelfingen eingemeindet wurden.
Die Einwohnerzahl betrug auf 31.12.2004 = 5.860, die Gesamtmarkungsfläche beträgt 4.646 ha (davon Ingelfingen 1.168 ha).
In der Nachkriegszeit trat eine beachtliche allgemeine wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung ein. In den vielseitigen Gewerbe- und Industriebetriebenwerden heute über 3.000 Personen beschäftigt. Die Wirtschaftsförderung erfolgt nach den jeweils bestehenden Möglichkeiten und wird oftmals durch Sonderprogramme unterstützt. In Ingelfingen-Stachenhausen wurde im Jahr 2001 ein neues Gewerbegebiet (Fehlenweiler) ausgewiesen.
Persönlichkeiten in Ingelfingen
- Graf Ludwig Casimir
Ludwig Casimir wurde am 17. Januar 1517 in Waldenburg geboren. Ludwig Casimirs Mutter Praxedis, geborene Gräfin von Sulz, starb schon 1521. 1529 heiratete sein Vater Georg I. Helene, die Tochter Truchsess Georg von Waldenburg, des Bauernjörg. Zwischen dem jungen Ludwig Casimir und seiner Stiefmutter bestand kein gutes Verhältnis.
1527schickte ihn sein Vater nach Tübingen zur Hochschule. Seine Jugend verbrachte Ludwig Casimir teils auf Reisen, teils in Weikersheim und Langenburg und nur ganz selten in Waldenburg.
1540 heiratete er in Römhild (Thüringen) Anna, die Tochter des Grafen Otto zu Solms-Laubach, Halbschwester Philipp des Großmütigen Landgraf zu Hessen, einer der wichtigsten lutherischen Landesfürsten. Ludwig Casimir war schon früh ein eifriger Anhänger Luthers.
1544 und 1551 durfte er das Haus Hohenlohe auf den Reichstagen zu Speyer und Augsburg vertreten. Im März 1551 starb Ludwig Casimirs Vater Georg I., der Stammvater aller heute noch aktiven Linien des Gesamthauses Hohenlohe. Sein ältester Sohn Ludwig Casimir war schon 34 Jahre alt, verheiratet und regierungsfähig. Ludwig Casimir übernahm Schloß und Amt Neuenstein sowie die Ämter Ingelfingen, Döttingen, Forchtenberg, Hollenbach, Kirchensall, Langenbeutingen, Michelbach am Wald, Weikersheim und Zweiflingen und die Kondominate Künzelsau und Niedernhall. Ludwig Casimir unterhielt gute Kontakte zu Kaiser Maximilian II. Dieser verlieh ihm den Ehrentitel eines kaiserlichen Rates. In den 17 Jahren seiner Regierung ist es Ludwig Casimir gelungen, Hohenlohe auf dem Weg vom Mittelalter in die Neuzeit wesentlich voranzubringen. Das wichtigste Werk des Grafen Ludwig Casimir ist die Einführung der Reformation in Hohenlohe.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, Graf Ludwig Casimir war eine der bedeutendsten Persönlichkeiten des Hauses Hohenlohe. Zum Ursprung des Ingelfinger Kasimirle gibt es einige Meinungen. Helmut Rössler schreibt 1952 „Graf Ludwig Casimir habe 1551 in Ingelfingen die Reformation eingeführt. Die Bürger der Stadt seien darüber so begeistert gewesen, dass viele kleine Ingelfinger auf den Namen Kasimir getauft wurden. Der Spitzname sei geboren worden und habe sich bis zum heutigen Tag gehalten.“
Anmerkungen von Altbürgermeister Heinrich Ehrmann:
In den letzten 12 Jahren vor dem Tod des Grafen von 1556 - 1568 (weiter reicht das Taufbuch nicht zurück) ist in Ingelfingen kein einziges Kind auf den Namen Kasimir getauft worden. Auch in Criesbach nicht. Graf Ludwig Casimir ist in dieser Zeit drei Mal : 1561, 1563 und 1568 im Taufbuch eingetragen worden, aber nicht etwa als Kindsvater, sondern als Pate – jedes mal hieß der Täufling Ludwig, nicht Kasimir. - David Chyträus (Kochhaff)
geb. am 26.2.1530 als Pfarrersohn in Ingelfingen. Professor Theol. in Rostock, Begründer der Univ. Helmstedt 1576, gest. am 25.6.1600. Verfasser zahlreicher Schriften. - Graf Christian Kraft
geb. am 15.07.1668 zu Langenburg, gest. am 02.10.1743 in Ingelfingen, Erbauer des Neuen Schlosses - Graf Philipp Heinrich
geb. am 10.09.1702, gest. am 05.04.1781, regierte als Administrator von 1743 - 1781 - Fürst Heinrich August
geb. am 10.07.1715, gest. am 13.02.1796, Reichsfeldmarschall des Fränkischen Kreises und Preuß. Generalfeldzugmeister. Ihm wurde zur Goldenen Hochzeit im Jahre 1793 das 1980 in den Schlosspark umgesetzte Denkmal gewidmet. - Fürst Friedrich Ludwig
geb. am 31.1.1746, gest. am 15.2.1818, Generalinspekteur der schlesischen Füsilierbataillone sowie Gouverneur von Bayreuth und Breslau.1. Ehrenbürger der Stadt Frankfurt/M. Diese Würde wurde ihm 1795 als Dank dafür verliehen, dass Frankfurt im preußisch-französischen Krieg in der neutralen Zone verblieb und daher von Kriegsverwüstungen verschont blieb. - Johann Georg Gemünder
geb. am 13.4.1816 in Ingelfingen, wanderte 1847 nach Amerika aus, berühmter Geigenbauer. - Caesar Flaischlen
Schriftsteller, geb. am 12.5.1864 in Stuttgart, gest. am 16.10.1920 in Gundelsheim, lebte 1918/1920 im Neuen Schloss in Ingelfingen. Er schrieb Dramen, Gedichte und lyrisch getönte Prosa (z.B. "Hab Sonne im Herzen..."). - Otto Kirschmer
geb. am 24.3.1898 in Ingelfingen, gest. am 9.1.1967 in Darmstadt; o. Prof. em. Dr. Ing., Dr. Ing. E.h., Lehrstuhlinhaber und Direktor des Instituts für Hydromechanik und Wasserbau Darmstadt, Vorstand des Wasserbau-Forschungsinstituts Übernach am Walchensee. Verfasser des reizenden Buches "Auch Professoren sind Menschen". - Christian Bürkert, Ingenieur
geb. 04.05.1915, gest. 21.10.1971. Er stammte vom Bühlhof und gründete 1946 die Firma gleichen Namens, die er von einem Einmannunternehmen zu einem weltweit anerkannten Industrieunternehmen der Mess-, Steuer- und Regeltechnik ausbaute. Besondere Anliegen waren ihm die Forschung & Entwicklung, der Standort Ingelfingen und die Ausbildung junger Menschen zu qualifizierten Facharbeitern. Er kümmerte sich darüber hinaus um die Umschulung von Landwirten, die wegen zu kleiner Hofgröße in der Landwirtschaft kein Auskommen mehr hatten und nicht als Hilfsarbeiter in die Ballungsräume abwandern sollten. Die Unternehmensgruppe Bürkert zählt heute weltweit über 2.500 Beschäftigte, Hauptsitz ist Ingelfingen. Christian Bürkert verstarb 1971 beim Absturz seines Flugzeuges über dem Atlantik. - Senator e.h. Dr. h.c. Georg Fahrbach
geb. am 6.4.1903 in Criesbach, gest. am 12.2.1976 in Stuttgart. Ausbildung im württ. gehobenen Verwaltungsdienst mit Abschluss der württ. Staatsprüfung im Jahre 1925; Tätigkeit bei der Württ. Hypothekenbank, dort mit 28 Jahren Bestellung zum Prokuristen. Mit 31 Jahren Ernennung als stellvertr. Vorstandsmitglied der Bank und damit der jüngste deutsche Hypothekenbankdirektor. Wenige Jahre später ordentl. Mitglied des Vorstandes. Nach dem Krieg vergrößerte sich dieses Unternehmen unter seiner Leitung von einer Bilanzsumme im Jahre 1945 mit 40 Mio. Reichsmark auf 3,2 Mrd. DM im Jahre 1972. Rund 40 Jahre Tätigkeit als Vorsitzender des Schwäbischen Albvereines, er präsidierte zahllose Heimat- und Wandervereine, das Deutsche Jugendherbergswerk, gründete die Deutsche Wanderjugend und die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Heimat-, Wander- und Naturschutzverbände, eine Dachorganisation mit etwa 2 Mio. Mitglieder. Ab 1969 war er außerdem Präsident der europäischen Wandervereinigung und förderte damit den Wandergedanken weit über die deutschen Grenzen hinaus. Seine Heimatgemeinde Criesbach würdigte ihn mit der Ernennung zum Ehrenbürger anlässlich seines 60. Geburtstages. Bekannt der nach ihm benannte "Georg-Fahrbach-Wanderweg" von Criesbach nach Stuttgart. - Johann Gottfried Eichhorn
geb. am 16.10.1752 in Dörrenzimmern als Sohn des Pfarrers Johann Georg Eichhorn, gest. am 27.6.1827. 1774 Rektor des Gymnasiums in Ohrdruf, 1775 Professor der orientalischen Sprachen in Jena, wo er auch eine Reihe von Abhandlungen über Geschichte und Sprache des Morgenlandes schrieb. Ab 1788 Vorlesungen an der Universität in Göttingen. Sein Sohn ist der berühmte Rechtsgelehrte Karl-Friedrich Eichhorn, gest. im Jahre 1854. - Ministerialdirektor Philipp von Haag
geb. am 4.6.1860 in Hermuthausen, gest. am 7.1.1930 in Stuttgart. Posthume Verleihung des Ehrenbürgerrechts von Hermuthausen am 4.6.1930. Philipp von Haag war der jüngste Bruder der beiden Schultheißen Haag aus Hermuthausen. Nach dem Besuch der Realschule in Künzelsau studierte er in Tübingen. Bereits als junger Beamter wurde er Dank seiner Fähigkeiten und Kenntnisse an das Innenministerium in Stuttgart berufen, wo er einen seltenen Aufstieg als Beamter erlebte und später den persönlichen Adel erhielt.
Eine von ihm gewährte Stiftung ermöglichte bis nach dem letzten Weltkriege die Finanzierung eines alle zwei Jahre wiederkehrenden Kinderfestes in Hermuthausen. Trotz hohen Amtes und vielen Ehrungen von König und Staat blieb er der treue Sohn seiner Heimatgemeinde Hermuthausen, wie es in der Chronik heißt. In verschiedenen Schriften befasste er sich insbesondere mit dem kulturellen und dem familiengeschichtlichen Bereich in Hermuthausen. Mit dem sogenannten "Hofbüchle" gab er den Bauern ein kleines Abbild des Grundbuchs in Taschenformat zur Hand.